Leben bis zuletzt lebenswert halten“

Von Daniel Klier

Viernheim – Tage, Wochen oder gar Monate sind es, in denen die Ehrenamtlichen die Menschen auf ihrem letzten Lebensabschnitt begleiten und ihnen zur Seite stehen, ihnen zuhören, ein Lächeln schenken und ein Sterben in Würde ermöglichen. „Sie alle leisten einen anspruchsvollen Dienst am Nächsten und sind mit Leibe und Seele dabei“, lobte Landrat Christian Engelhardt das starke Engagement. Mittlerweile besteht der Viernheimer Hospizverein e.V. seit über 25 Jahren und das besondere Jubiläum wurde im Bürgerhaus am Donnerstagabend gefeiert. Deutlich wurde: Das Thema Sterben und Tod spielt in der Gesellschaft häufig eine untergeordnete Rolle, dabei ist jeder einmal davon betroffen. Neben der musikalischen Untermalung durch das Streichquartett des Stamitz-Orchesters Mannheim, stand ein Festvortrag von Prof. Dr. med. Hubert J. Bardenheuer im Mittelpunkt.

Prof. Dr. med. Hubert J. BardenheuerZu dem erfreulichen Anlass versammelten sich im Bürgerhaus an Christi Himmelfahrt rund 100 Gäste, um in dieser Weise das 25-jährige Jubiläum des Viernheimer Hospizvereins zu begehen. Eigentlich war der Geburtstag bereits im letzten Jahr, aufgrund der Corona-Pandemie entschied sich der Vorstand aber, die Jubiläumsveranstaltungen auf Mitte Mai 2022 zu verlegen. 1. Vorsitzende Dr. Jutta Behrendt freute sich über den zahlreichen Zuspruch und hieß die Besucher herzlich willkommen. Unter den Gästen waren Landrat Christian Engelhardt, Caritasdirektor Winfried Hoffmann, Bürgermeister Matthias Baaß und Erster Stadtrat Jörg Scheidel. Dargeboten durch das Streichquartett des Stamitz-Orchesters Mannheim wurde das Haydn-Quartettet op 33, Nr. 5 G-Dur. „Unsere Wurzeln fand unser Hospizverein im Kuratorium der Caritas-Sozialstation, denn schon im Jahr 1995 wurde an dieser Idee gearbeitet. Ein Jahr später schlossen sich 13, vor allem persönliche betroffene Personen zusammen und gründeten den Verein“, schilderte Dr. Behrendt. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Verein stetig weiter, sodass es dann auch möglich war, eine 24-stündige telefonische Bereitschaft zu etablieren. Die zwei hauptamtlichen Koordinatorinnen bilden Sabine Engelmann und Claudia Möller, weiterhin gibt es 39 ausgebildete, ehrenamtliche Hospizbegleiter.

Zeit für Gespräche haben

Bei der Tätigkeit des ambulanten Hospizvereins gehe es nicht darum, einen Pflegedienst zu ersetzen, sondern Freiräume für Angehörige zu bieten und Zeit für die Betroffenen zu haben. „Durch die Begleitung wollen wir die Menschen nicht alleine lassen und das ermöglichen wir für jeden. Die Bandbreite der hospizlichen Arbeit ist vielseitig“, machte die 1. Vorsitzende deutlich. Manchmal ist es ein Spaziergang mit dem Rollstuhl, eine Vorlesestunde oder einfach vor Ort zu sein und die Hand halten. „Es gilt, das Leben bis zuletzt lebenswert zu halten“, sagte Jutta Behrendt. Kosten für die Begleitung entstehen keine, auch wenn gerade die beiden letzten Jahre durch Corona sehr schwierig waren und nochmals einen zusätzlichen Aufwand mit den Hygieneregeln bedeuteten. Dem Hospizverein ist es wichtig, Nähe zu zeigen und die Menschen auf dem letzten Weg zu begleiten. Sobald die Endlichkeit des Lebens konkret werde, mache diese Begleitung Sinn. Der letzte Lebensabschnitt solle von Menschen in Würde und Zufrieden individuell gestaltet werden.

Als eine „kluge Entscheidung“ beschrieb Bürgermeister Matthias Baaß die damalige Entscheidung, den Hospizverein zu gründen. Aus vielen Erzählungen mit Menschen weiß er, wie dankbar die Angehörigen für die wertvollen Begleitungen sind, gerade in solch schwierigen Lebensphasen. „Mit Ihrem dauerhaften Engagement haben Sie das Ziel erreicht, Sterbenden und Angehörigen in einer persönlichen Ausnahmesituation beizustehen“, betonte das Stadtoberhaupt und sprach sein Dank und die Anerkennung, sowohl im Namen der Stadt Viernheim als auch persönlich, aus. In Viernheim leben Menschen etlicher Kulturen zusammen und das weitestgehend ohne Spannungen. So merken die Menschen die Hilfe in der Gemeinschaft und diese trage dazu bei, sich wohlzufühlen. „Für das stationäre Hospiz Schwester Paterna hat die Stadt einen Spielplatz aufgegeben, um Platz hierfür zu schaffen. Der Spielplatz entsteht nun an anderer Stelle in einer neuen Form“, so Baaß. Die Einrichtung in der Seegartenstraße erfahre eine „sehr hohe Inanspruchnahme“ – stationäre und ambulante Angebote stellen einen Segen für die Menschen dar.

Großes Engagement im Ehrenamt

Eine enge Verzahnung bestehe mit dem Caritasverband Darmstadt, der bei der offiziellen Feierlichkeit durch Caritasdirektor Winfried Hoffmann vertreten war: „In enger Abstimmung arbeiten wir zusammen. Uns gibt es dieses Jahr seit 100 Jahren und in inhaltlicher Betrachtung sind wir ähnlich, denn wir begleiten Menschen und das ist auch eine christliche Aufgabe“, sagte er. Im Laufe der Zeit veränderte sich die Form der Pflege und dieser Prozess setze sich immer fort. Hoffmann zeigte sich beeindruckt, von der intensiven Ausbildungsstruktur des Hospizvereins und auch dem Gedanken der Geschichte der Emmaus-Jünger, die zusätzliche Motivation geben solle. „Sie werden zwar ausgebildet, engagieren sich aber ehrenamtlich und begleiten Menschen bis zum Schluss, Sie schenken Ihnen Lebensqualität bis zum Schluss“, führte Hoffmann aus. Für die großartige und unermüdliche Arbeit aller Akteure des Vereins sprach er seine Anerkennung aus.

Landrat Christian Engelhardt erinnerte sich an die Karikaturenausstellung „Wenn der Tod dich anlacht“ Mitte März im Rhein-Neckar-Zentrum zurück: „Ich fand dies ein richtiger Gedanke, an so einem Ort auf das Thema Sterben und Tod aufmerksam zu machen. Im Alltag ist das meistens sehr weit weg, aber der Tod gehört zu einer der wenigen Ereignisse, das zu 100 Prozent eintreffen wird“. Es werde sich viel zu wenig damit befasst und Menschen treffe die Thematik meist ungeplant und unverhofft und sicherlich, so der Landrat, werde bestimmt auch zum Schutz Abstand davon gehalten. „Früher war das aber üblich, dass der Tod zuhause stattfand. Da wurden Menschen teils mehrere Tage aufgebahrt. Heute sterben Menschen im Krankenhaus oder im Heim, teils ohne Angehörige“, so Engelhardt. Im Jahr 1967 erfolgte in England der Beginn der Hospizbewegung. Mit der Entwicklung der modernen Medizin entstand der Weg, die Menschen bis zu ihrem letzten Atemzug würdevoll zu begleiten. Dennoch löse der Tod bei Menschen meist Ehrfurcht aus.

Was kommt nach dem Leben? Diese Frage lasse sich nicht beantworten, beschäftigt viele aber. „Mit dem Hospiz in Viernheim haben wir im Kreis Bergstraße zwei stationäre Hospize und in diesem, aber auch im ambulanten Hospizbereich, wird eine wertvolle Arbeit geleistet. Die Hospizbegleiter werden wiederum im Rahmen einer Superversion gestärkt und ich finde es toll, dass es solch ein Engagement gibt“, sagte Christian Engelhardt und brachte seine Dankbarkeit hierfür zum Ausdruck. Er machte deutlich: „Von solchen Menschen lebt das soziale Miteinander und das ist nicht selbstverständlich, aber auch in der Gesellschaft normal“. Ehrenamtliche opfern Zeit für andere, aber ganz viele Menschen engagieren sich in den unzähligen Vereinen und das gibt ihnen Sinn. Zum Abschluss der Festveranstaltung zum 25-jährigen Bestehen des Viernheimer Hospizvereins e.V. hielt Prof. Dr. med. Hubert J. Bardenheuer vom Zentrum für Schmerztherapie am Universitätsklinikum Heidelberg einen spannenden Vortrag und stand für Fragen gerne bereit. Die Anwesenden der Veranstaltung waren anschließend zu einem Umtrunk ins Foyer eingeladen.

Streichquartetts aus dem Stamitz-Orchester MannheimEin besonderer Dank richteten die Verantwortlichen an die Mitglieder des Streichquartetts aus dem Stamitz-Orchester Mannheim – bestehend aus Christiane Hinrichs (1. Violine), Karl Welti (2. Violine), Klaus Giebels (Viola) und Ulrich Reincke (Violoncello). Bereits die beiden Tage zuvor lud der Hospizverein zu zwei Veranstaltungen im Rahmen des 25. Geburtstags ein. In der TSV-Halle gab es das spontane Schauspiel des Duos „Die Tabutanten“ unter dem Titel „Sie werden lachen, es geht um den Tod“. „So sterben wir“, lautete eine Lesung in der Kulturscheune mit Roland Schulz. Allen Gästen und Mitgliedern galt ein Dank für die Teilnahme an den dreitägigen Veranstaltungen.

Sterben in gewohntem Umfeld

Wie der Hospizverein auf seiner Homepage schreibt, sei es keine einfache Sache, Menschen am Ende ihres Lebens beizustehen und ihnen ein möglichst schmerzfreies, würdevolles Sterben zu ermöglichen. „Unsere Gesellschaft hat längst erkannt, wie wichtig und hilfreich die Hospizarbeit ist und wie groß die Bedeutung der Versorgung schwerkranker und sterbender Menschen in ihrem gewohnten Umfeld zu Hause ist. Sterben ist kein Tabuthema mehr und das nahm der Viernheimer Hospizverein zum Anlass, mit seinen Jubiläumsveranstaltungen innezuhalten und zurückzublicken auf Geleistetes, aber auch zu reflektieren, wie jeder Mensch selbstbestimmt sein Leben in Krankheit und Sterben gestalten kann“, erläuterten die Mitglieder. Vor allem die Unterstützung von Patienten in der vertrauten und familiären Umgebung schätzen sowohl die Betroffenen als auch Angehörige. Es entstehe ein Zusammenspiel von Pflege, Medizin, psychosozialer Begleitung und Seelsorge. Der Viernheimer Hospizverein baute ein Netzwerk mit anderen Einrichtungen auf und so sei es möglich, dass Betroffene ohne kulturellen, religiösen oder ethischen Schranken in den schwersten Tagen und Stunden ihres Lebens auf kompetente und erfahrene Betreuung vertrauen können. Das Jubiläum sollte auch ein Anlass sein, die Öffentlichkeit über das Thema noch umfassender zu informieren.

Verschiedene Angebote bietet der Hospizverein wie zum Beispiel der Trauertreff für Berufstätige (am 1. Dienstag, jeden Monat) sowie das Trauercafé (am 2. Montag, jeden Monat“, wobei sich die Zeit und der Ort jeweils nach Absprache richtet. Geleitet werden die Gesprächskreise von Frauen, die sich persönlich und beruflich mit Tod und Sterben auseinandersetzten und qualifizierte Ausbildungen zur Trauerbegleitung absolvierten. Leben, Sterben und Tod wird reflektiert, sie haben oft selbst sterbende Angehörige begleitet und unterliegen selbstverständlich der Schweigepflicht. Einzelgespräche sind nach Absprache ebenfalls möglich. Für weitere Informationen oder Beratung stehen die Mitglieder unter Tel. 602559 oder per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. zur Verfügung. Spenden, freiwillige Mitarbeit oder Vereinsmitgliedschaften unterstützen den Hospizverein und jedes Engagement helfe, Jahr für Jahr Sterbende und ihre nahestehenden Menschen zu begleiten.

(c) Viernheimer Tageblatt